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«Die Anrede ‹Sehr geehrte› ist veraltet»

04.12.24

Ruth Hardegger-Wickli im Interview zu zeitgemässen Anreden, Grüssen und Geschäftskorrespondenz sowie Schreibworkshops

Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Botschaft im Geschäftsbrief bei den Empfänger:innen ankommt? Und welche Anrede ist heute noch zeitgemäss? Ruth Hardegger-Wickli, Geschäftsführerin von etextera, über das richtige Schreiben im Geschäftsalltag.


Ruth Hardegger-Wickli, ist die Anrede «Sehr geehrte …» heute noch zeitgemäss?

Nein, die Anrede ist veraltet. Und doch sieht man sie noch häufig. Grundsätzlich ist daran zwar nichts falsch, aber es gibt zeitgemässere Begrüssungsformeln, die genauso höflich sind – wie etwa «Guten Tag». Oder wieso nicht Dialekt? «Grüezi», «Grüässäch» oder ähnlich sind wunderbare und persönliche Alternativen. Besonders im E-Mail-Verkehr ist die Anrede «Liebe:r» momentan sehr populär – wahrscheinlich, weil sie Nähe suggeriert. Im Bewerbungsschreiben würde ich darauf achten, die Anrede dem:r Empfänger:in anzupassen. Bewirbt man sich für einen Job in der Kreativ-Branche, darf es ein «Liebe:r» oder ein «Grüezi» sein. Für die Bewerbung bei einer Amtsstelle hingegen würde ich nach wie vor auf das altbewährte «Sehr geehrte …» setzen.

Und wie sieht es bei der Grussformel aus? Macht es einen Unterschied, ob ich «mit freundlichen Grüssen», «besten Grüssen» oder «herzlichen Grüssen» schliesse?

Beim Gruss gilt das gleiche Prinzip wie bei der Anrede: Er sollte mit der Beziehung zum:r Empfänger:in übereinstimmen. Pflegen Sie ein freundschaftliches Verhältnis, kann «liebe Grüsse» oder «herzliche Grüsse» passen. Schreiben Sie jemandem zum ersten Mal, sind «viele», «schöne», «freundliche» oder «beste Grüsse» angebracht. Wichtig finde ich auch, dass die Grussformel zur Persönlichkeit der schreibenden Person passt. Ich zum Beispiel schreibe selten «liebe Grüsse», weil mir das zu nah ist. Daher bevorzuge ich «herzliche Grüsse». Andere wiederum finden das zu «herzig».

«Mit freundlichen Grüssen» gilt ebenfalls als verstaubt

Von welchen Formulierungen sollten wir uns verabschieden?

Von mittelalterlichen Grussformeln wie etwa «Mit hochachtungsvollen Grüssen». Diese sieht man tatsächlich noch, wenn auch selten. «Mit freundlichen Grüssen» ist ebenfalls verstaubt, aber wers mag, kann es weiter verwenden.

Welches sind die häufigsten Fehler beim Schreiben im Geschäftsalltag?

Floskeln sollten Sie vermeiden, weil sie nicht aussagekräftig sind und den Satz unnötig verlängern. Ausserdem ist eine aktive Sprache verständlicher als passive Formulierungen. Verwenden Sie grundsätzlich viele Verben statt Nomen, das macht einen Text leicht lesbar und kurzweilig. Anstatt «Wir werden diesen Antrag einer Prüfung unterziehen» schreiben Sie also lieber «Wir prüfen Ihren Antrag».

Was gilt es beim Aufbau von Schriftstücken zu beachten?

Verzichten Sie unbedingt auf lange, umständliche und inhaltsleere Einführungssätze. Sagen Sie stattdessen gleich zu Beginn, um was es geht, was Sie bieten und was die Vorteile sind. Am Schluss sollten Sie die Leser:innen auffordern, etwas zu tun – sei dies ein Rückruf, ein Formular ausfüllen oder auf einen Link klicken.

Und wie stelle ich sicher, dass meine Botschaft bei den Empfänger:innen ankommt?

Indem Sie ihnen auf Augenhöhe begegnen und sich klar und verständlich ausdrücken – freundlich, aber nicht anbiedernd. Es ist dasselbe wie bei einem persönlichen Gespräch: Man versucht, einen gemeinsamen Nenner zu finden, ansonsten funktioniert der Austausch nicht optimal.

Eine Sprache definieren, die zur Corporate Identity passt

Sollten sich Geschäftsbriefe von der Formulierung her am Stil der Kund:innen orientieren?

Das Unternehmen sollte vor allem eine Sprache definieren, die zu seiner Corporate Identity, also seiner Unternehmensidentität, und seiner Kultur passt. Diese hat natürlich die Zielgruppen im Blick. Dabei gilt es festzulegen, wie das Unternehmen gegen aussen auftritt und wahrgenommen werden möchte. In E-Mails lässt sich die Sprache je nach Empfänger:in anpassen; bei einem Serienbrief hingegen geht dies nicht. Umso wichtiger ist eine allgemein verständliche Sprache ohne Floskeln. Grundsätzlich gilt: Eine an den/die Empfänger:in angepasste Schreibweise erscheint zwar zunächst aufwändiger, fördert aber die individuelle Kundenbeziehung.

etextera bietet Schreibworkshops zum verständlichen Schreiben im Geschäftsalltag an. Was fragen die Teilnehmenden dabei am meisten nach?

Die Bedürfnisse unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen. Darum passen wir auch jeden Kurs optimal auf die Wünsche der Kund:innen an. Nach einer kurzen theoretischen Einführung ins verständliche Schreiben geht es im Schreibworkshop vor allem ums Üben. Und zwar dort, wo sich das Unternehmen verbessern möchte. Wir texten Newsletter, E-Mails an diverse Empfänger:innen, Werbebriefe, Briefe an Lieferfirmen, Absagen an Bewerbende, Artikel für Mitarbeiterzeitschriften und vieles mehr.

Schreibworkshops und Texte schreiben lassen

Möchten Sie und Ihr Team in einem Schreibworkshop Ihre redaktionellen Kenntnisse verbessern? Schauen Sie sich unsere Workshops an. Oder möchten Sie Ihre Texte schreiben lassen? Gerne unterstützen wir Sie beim Schreiben unterschiedlichster Texte. Kontaktieren Sie uns.

Ruth Hardegger-Wickli
Zur Autorin
Texte mit echtem Impact: Seit dem Jahr 2010 arbeitet Ruth Hardegger-Wickli gemeinsam mit ihrem Team von topausgebildeten Texter:innen für namhafte Kunden aus vielen Branchen. Vom Blogartikel bis zu UX Writing, vom Geschäftsbericht bis zum SEO-Text: etextera schreibt, redigiert, korrigiert und übersetzt – und schafft Inhalte, die Zielgruppen überzeugen und begeistern.
Ruth Hardegger-Wickli
Erfahrungen & Bewertungen zu etextera