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«Viele sind nur freundlich, wenn sie einen Nutzen daraus ziehen können»

07.03.17

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Einen grossen Teil des Tages verbringen wir mit Kommunikation – am Telefon, im persönlichen Gespräch oder durch unser Auftreten. Weshalb wertschätzende Kommunikation dabei wichtig ist, erzählt Knigge-Expertin Susanne Abplanalp*. Im Interview spricht sie über besseres Loben, E-Mail-Schreiben und weshalb wir uns unnötig Energie rauben lassen, wenn wir jemanden nicht mögen.


Redaktion/Interview: Textagentur etextera

Frau Abplanalp, Konflikte sind Zeitfresser und kosten Unternehmen jährlich Millionen. Weshalb ist gute Kommunikation offenbar so schwierig?

Beim Kommunizieren konzentrieren wir uns zu sehr auf die Technik und vernachlässigen die Qualität. Viele Gespräche misslingen, weil wir unser Gegenüber nicht wertschätzen. Zudem ist aktives Zuhören sehr wichtig. Doch aus Zeitdruck nehmen wir uns oft zu wenig Zeit für die Kommunikation.

Wie meinen Sie das?

Zu einer gelingenden Kommunikation gehört, dass ich im Gespräch auf den Einzelnen eingehe und ihm mit Respekt und Empathie begegne. Aber auch, dass ich während dem Telefonieren nicht esse oder etwas anderes nebenher erledige. Auf einer Sitzung erlebte ich einmal, dass der Leiter nur Teilnehmer, die ihm wichtig waren, begrüsste, in dem er von seinem Stuhl aufstand. Bei anderen hingegen blieb er sitzen. Wie muss das auf diejenigen wirken, für die der Leiter nicht aufgestanden ist?

Bei wertschätzender Kommunikation geht es also um ein respektvolles Miteinander?

Ja, und zwar gegenüber allen. Viele sind nur innerhalb ihrer Peergroup freundlich oder wenn sie einen Nutzen daraus ziehen können. Bringe ich jedoch jemandem Wertschätzung entgegen, schätze ich die Person – ganz unabhängig davon, wie ich zu ihr stehe.

Spezifisch loben: Nur «toll» oder «super» greifen zu kurz

Im Gegensatz zum Lob also, das ich jeweils für eine konkrete Tat ausspreche?

Genau. Wichtig beim Loben ist jedoch: Ich muss spezifisch sagen, was die zu lobende Sache für mich bedeutet. Nur «toll» oder «super» greifen zu kurz. Vor allem aber sollte man das Lob direkt mitteilen – also nicht ausrichten lassen oder ein Mail schreiben.

Wie lässt sich im Geschäftsleben mehr Wertschätzung in die tägliche Kommunikation bringen?

Im Kundenkontakt gilt es zunächst herauszuspüren, welches Kommunikationsmittel dem Gesprächspartner am liebsten ist. Sind Chats oder SMS ausdrücklich erwünscht, kann man sich dieser bedienen, sonst aber lieber nicht. Telefonieren hat gegenüber E-Mail den Vorteil, dass ich eine unmittelbare Reaktion des Gegenübers habe. Deshalb ist es oft einfacher, einmal zum Telefon zu greifen als zehn Mails hin und her zu schreiben. Neben Dingen wie Begrüssung, Namen deutlich sprechen und den anderen mit Namen ansprechen finde ich es wichtig, sich Zeit fürs Verabschieden zu nehmen. Oft würde ich am Ende eines Gespräches gerne noch etwas sagen, doch der andere ist in Gedanken schon weiter und legt auf. Auch sich parallel mit anderen Dingen zu beschäftigen oder aus Auto oder ÖV zu telefonieren, ist nicht höflich.

... aber gang und gäbe.

In dringenden Angelegenheiten finde ich es O.K. Generell aber wirken solche Telefonate mit all ihren irritierenden Nebengeräuschen sehr beiläufig und signalisieren dem anderen: Jetzt passt es gerade, aber sonst habe ich keine Zeit für dich.

«re re re»: Wird die Betreffzeile nicht geändert, ist das Mail für den Empfänger unübersichtlich

Was gilt es bei E-Mails zu beachten?

Sie sollten wie ein Brief behandelt werden. Tatsächlich sind sie oft zu salopp und beinhalten zu viele Flüchtigkeitsfehler. Auch der Betreffzeile gebührt mehr Aufmerksamkeit: Wurde ein E-Mail bereits sieben Mal hin und her geschickt, die Betreffzeile aber nie geändert, liest der Empfänger nur noch «re re re», und das Schreiben wirkt völlig unübersichtlich. Ausserdem sollte die Signatur selbst in der achten Antwort noch angehängt werden. Will ich etwas telefonisch abklären, muss ich sonst mühsam aus dem unübersichtlichen Mail die Nummer raussuchen.

Ein Kapitel Ihres vor kurzem veröffentlichen Buches «Der Office-Knigge» lautet «Richtig entschuldigen». Worauf kommt es dabei an?

Wichtig ist hier vor allem, dass es mir wirklich leid tut und die Entschuldigung ehrlich daher kommt. Am besten entschuldige ich mich sofort, nachdem das Missgeschick passiert ist – persönlich und nicht per Mail. Der andere soll spüren, dass ich es bedauere und den Fehler auf mich nehme. Grundsätzlich geht es bei wertschätzender Kommunikation immer darum, dem anderen Respekt entgegenzubringen. Und dazu gehört meine innere Einstellung: Ich muss dem anderen gegenüber positiv eingestellt sein. Mag ich ihn nicht, lächle aber trotzdem, spürt er, dass ich es nicht ernst meine.

Wenn ich ihn aber tatsächlich nicht mag?

Dann gilt es zu versuchen, Verständnis für die Person aufzubringen und etwas Positives zu finden. Jeder hat irgendetwas Positives, das ist der Schlüssel. Mögen wir jemanden nicht, raubt uns das viel zu viel Energie – und diese fehlt uns im Gespräch und beim Finden einer Lösung.

Zur Person
*Susanne Abplanalp gibt als Geschäftsführerin von Knigge Today, der Business Knigge, Image-, Stil- und Farbberatung seit Jahren ihr Wissen rund um moderne Umgangsformen und den professionellen Auftritt weiter. Ein zentrales Thema ihrer Seminare und Fachbeiträge ist das wertschätzende Verhalten. In über 400 Workshops haben schon mehr als 3000 Teilnehmer von ihrem Know-how profitiert. Zu ihren Kunden zählen neben Privatpersonen auch Unternehmen und Weiterbildungsinstitute. Vor kurzem ist Susanne Abplanalps Buch «Der Office-Knigge – souverän mit Kunden und Team» erschienen.

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