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«Small-Talk muss nicht originell sein.»

07.07.18

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Eigentlich sollte Small-Talk locker und leicht daherkommen – doch viele müssen sich dazu zwingen. Elisabeth M. Metzger* lehrt in Workshops, worauf es dabei im Beruf ankommt. Sie erzählt, wie man Gespräche lebendig hält und weshalb die virtuelle Welt unsere Small-Talk-Fähigkeiten verkümmern lässt.


Redaktion/Interview: Textagentur etextera

Frau Metzger, das lockere Gespräch zwischendurch gehört in den meisten Berufen zum Handwerkszeug. Worauf kommt es dabei an?

Small-Talk ist eine belanglose, oberflächliche Konversation. Das Wichtigste ist, seine Scheu abzulegen und überhaupt damit anzufangen. Gesellschaftlich ist Small-Talk bei uns stark ritualisiert: Wir nutzen ihn als Einstieg in Verhandlungen, wenn man sich neu kennenlernt oder zum Weiterführen eines Gesprächs. Die dabei verwendeten Techniken und Werkzeuge sollten zur eigenen Person passen: Wer extrovertiert ist, wird immer mehr kommunizieren als jemand, der introvertiert ist.

Es gibt Small-Talker, die die Kunst der leichten Plauderei beherrschen und Small-Talk-Vermeider, die gerne behaupten, dies sei unnütz und oberflächlich. Wie überzeugen Sie Letztere von der Notwendigkeit des Small-Talks?

Stellen Sie sich vor, eine Dame sagt zu einem Herrn, der ihr auf der Strasse begegnet: «Übrigens finde ich Sie sehr sympathisch. Ich beobachte Sie schon eine Weile, ich möchte Sie heiraten und drei Kinder mit Ihnen haben.»

Ein vorsichtiges erstes Abtasten

Wie bitte?

Manchmal braucht es extreme Beispiele, um zu zeigen, worin der Sinn des Small-Talks liegt. Trifft man sich zum ersten Mal, ist es nicht förderlich, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Beim Small-Talk geht es darum, das Eis zu brechen und Kontakt aufzunehmen. Kurz: Ein vorsichtiges erstes Abtasten, das gerade im Berufsleben sehr wichtig und ein Gebot der Höflichkeit ist. Dabei muss Small-Talk nicht originell sein. Viele denken das jedoch, und weil ihnen nichts vermeintlich Kreatives einfällt, sind sie lieber still. Schade um die verpasste Gelegenheit, ein nettes Gespräch anzufangen!

Begegne ich dem CEO im Aufzug, wäre es aber schon gut, mir fiele etwas Geistreiches ein, oder?

«Grüezi Herr Müller / Frau Meier, mein Name ist Soundso, darf ich einmal zu einem Gespräch bei Ihnen vorbeikommen?», genügt völlig. Viel wichtiger als der Inhalt ist es, in diesem Moment Blickkontakt zu suchen, freundlich zu grüssen, die Hand zu geben und den eigenen Namen deutlich zu nennen – alles Dinge, die für die meisten nicht einfach sind und nicht leicht von der Hand gehen.

Den eigenen Namen zu nennen ist eine Herausforderung?

Ihn gut auszusprechen, ohne Silben zu verschlucken – ja. Und zwar so, dass jemand, der den Namen noch nie gehört hat, ihn auf Anhieb versteht. Das üben wir in meinen Seminaren. Genauso wie das richtige Händeschütteln mit angemessenem Druck – weder Schraubstock noch Waschlappen. Dies alles gehört zum ersten Eindruck und ist essenziell.

In unserer Kultur ist es leider nicht üblich, Rückfragen zu stellen oder gefragt zu werden.

Welche Themen eignen sich für Small-Talk?

Alle Themen, zu denen beide Gesprächspartner etwas sagen können: Seminarort, Anreise, Buffetauswahl, Wetter. Oder auch: «Möchten Sie einen Kaffee?» «Haben Sie gut hergefunden?»

Und wenn die Einstiegsfloskeln ausgetauscht sind – wie halte ich ein Gespräch am Laufen?

Blickkontakt halten! Nicht mit den Augen durch den Raum schweifen und schauen, wer sonst noch Interessantes da ist. Ausserdem Fragen stellen und aufmerksam zuhören, um Themen spontan aufzugreifen und darauf eingehen zu können. Eventuell auch interessante Infos von sich selbst preisgeben. In unserer Kultur ist es häufig nicht üblich, Rückfragen zu stellen oder gefragt zu werden – das wird oft mit Neugierde gleichgesetzt. Dabei geht es lediglich darum, Interesse am anderen zu zeigen. Meine Seminarteilnehmenden sind oft geradezu erleichtert, wenn sie feststellen: «Ich darf ja was fragen!»

Angenommen, mein Gegenüber stellt sich als Langweiler heraus. Wie finde ich elegant den Ausstieg aus dem Gespräch?

Wichtig ist auch hier, einen guten, bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Man sollte sich verabschieden, im Sinne von: «Hat mich gefreut, mit Ihnen zu sprechen. Hier ist meine Visitenkarte – darf ich auch Ihre erhalten?» Dabei geht es ebenfalls nicht darum, möglichst originell zu sein, sondern vor allem höflich. Achten Sie darauf, wie Sie Ihr Gegenüber anschauen, ihm die Hand reichen usw.

Viele haben das analoge Kommunizieren ein bisschen verlernt.

Welche Themen gilt es beim Small-Talk zu vermeiden?

Alles, was zu persönlich ist oder zu langatmig, sowie Negatives und Kritisches – wie Religion, Krankheiten, Gerüchte. Auch über Politik sollte man nicht diskutieren, denn das ist kein Small-Talk. Allerdings verschwimmen manchmal die Grenzen: Stehen zwei bereits länger bei einem netten Geplauder zusammen, kann es sein, dass sie sich in dem einen oder anderen Thema vertiefen.

Wer besucht Ihre Small-Talk-Workshops?

Alle – von Hochschulabsolventen, die sich in Gesprächen präsentieren müssen, bis zu Mitarbeitenden von KMU oder Grosskonzernen, die neue Teammitglieder oder viel Kundenkontakt haben. Gerade im Businessbereich ist der erste Eindruck essenziell, da so Vertrauen vermittelt wird. Weil die virtuelle Welt heute jedoch immer weniger Raum für echte, direkte Kommunikation lässt, haben viele das analoge Kommunizieren ein bisschen verlernt.

Es braucht also Übung für Small-Talk?

Unbedingt! Idealerweise verlassen Teilnehmende meinen Workshop und versuchen gleich an der nächsten Tramstation jemanden anzusprechen. Im Ernst: Der wichtigste Tipp für alle, denen Small-Talk schwerfällt, lautet: üben, üben, üben! Und über den eigenen Schatten springen. Ausserdem neugierig und interessiert am Vis-à-vis sein und das Ganze mit einer Prise Entspanntheit angehen. Denn es macht einfach Spass, Leute kennenzulernen und wieder einmal analog zu kommunizieren!


Zur Person
*Elisabeth Metzger ist zertifizierter Coach, kaufmännische Lehrmeisterin und Trainerin. Seit zehn Jahren besitzt sie die Firma COACH-CLICK.CH – Coaching zur Entwicklung im beruflichen und privaten Umfeld, mit Sitz in Basel. Elisabeth Metzger gibt Seminare und Weiterbildungen zu Kommunikation, Präsentationstechnik sowie Büro- und Selbstmanagement.

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