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«Macht nicht endlos Praktika!»

07.10.18

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Welche Fähigkeiten müssen junge Kommunikatoren heute mitbringen? Nach welchen Typen fahnden Headhunter? Personalvermittlerin Sonia Soutter-Savorani* weiss, was PR-Einsteiger beachten sollten.


Redaktion/Interview: Textagentur etextera

Frau Soutter-Savorani, Kommunikationsberufe sind vielfältig und differenzieren sich immer weiter aus. Welche Fähigkeiten müssen junge Kommunikatoren heute mitbringen?
Online-Kompetenzen, aber vor allem vernetztes Denken sind in der heutigen vernetzten Welt unabdingbar. Und zwar nicht nur in der Kommunikationsbranche. Es geht darum, Gelerntes richtig anzuwenden. Ein Studium beweist höchstens, dass jemand entsprechendes Wissen vermittelt bekommen hat. Leider gibt es dabei zu wenige Gelegenheiten, das Gelernte auch anzuwenden.

Wie hat sich die Ausbildung gewandelt?
Ich persönlich bezweifle, ob der mit dem Bologna-System eingeschlagene Weg der richtige ist. Wir stellen in unserem Bereich fest, dass hohe Abschlüsse bis zum Master in immer kürzerer Zeit erfolgen. In der Praxis ist das häufig mit viel Frust verbunden. Denn oft werden Masterabsolventen anschliessend in mehrere Praktika gesteckt, in denen sie das im Studium Gelernte nur bruchstückhaft einsetzen können. Dies demotiviert und führt zu Praktikaabbrüchen.

Auf den Punkt genaue Kommunikation ist gefragt

Nach welchen Typen fahnden Sie als Personalvermittlerin?
In der heutigen digitalisierten Welt müssen wir in sehr kurzer Zeit erkennen, was effektiv in einem Kandidaten steckt. Das ist für uns eine Herausforderung. Die Personen, die wir suchen, bewegen sich zwischen Menschen, Märkten und Marken. Sie müssen somit auf den Punkt genau kommunizieren können. Storytelling einmal live gelebt, ist der Kern unserer persönlichen Interviews. Wir wollen feststellen, wie und in welchen Projekten jemand sein Wissen angewendet hat. Dieses steht zusammen mit der Richtung, in die sich ein Kandidat weiterentwickeln will, im Vordergrund. Die Qualifikationen sind dabei heute wesentlich höher. Eine Differenzierung findet meist nicht mehr über einzelne Fachkenntnisse statt, sondern über das Verknüpfen unterschiedlicher Fachbereiche.

Wie meinen Sie das?
Die Differenzierung hat in den letzten Jahren gelitten; aufgrund der Digitalisierung kam es zur Verwässerung. Gab es früher klassische PR-Agenturen, Werbe- oder Marketingagenturen, bieten heute alle 360-Grad-Kommunikation an. Sprich: Full Service, sämtliche Dienstleistungen unter einem Dach. Absolventen rate ich: «Seid breiter aufgestellt! Lernt die Zusammenhänge kennen!» In Zeiten künstlicher Intelligenz (KI), Bots usw. sind Kenntnisse aus dem digitalen Bereich immer wichtiger. Lernt das Zusammenspiel, probiert aus, reflektiert die gemachten Erfahrungen, tauscht euch darüber aus.

Nach zwei Praktika darf man ruhig selbstbestimmt auftreten

Wie lautet Ihr Tipp an frischgebackene Bachelorabsolventen?
Habt Ziele, eine Richtung vor Augen und sucht euch eure zukünftige Position danach aus, welche Möglichkeiten und Handlungsspielräume ihr erhaltet. Der Fokus sollte auf einer möglichst umfassenden steilen Lernkurve liegen, die Ziele sollten kurzfristig sein. Also nicht: «Wo will ich in zehn Jahren sein?», sondern eher: «Wo sehe ich mich in zwei Jahren? Was wäre der nächste für mich logische Folgeschritt?». Verfolgt diese Ziele und macht nicht endlos Praktika. Nach zweien darf man ruhig selbstbestimmt auftreten und sagen: «Nun kenne ich mich aus und weiss, in welche Richtung ich gehen will.»

Finden Sie es schlecht, dass der Einstieg in die PR nur über lange, schlecht bezahlte Praktika gelingt?
Nein, grundsätzlich nicht. Aus meiner Sicht geht es in diesem Stadium nicht um die Höhe des Salärs, sondern um die Möglichkeiten, die einem geboten werden. Praktika nach Bachelorabschluss finde ich deshalb gut. Aber man muss rechtzeitig den Absprung finden.

Was sollten PR-Einsteiger ausserdem beherzigen?
Sie sollten nicht zu lange in der Theorie verharren und an den Bachelor sofort den Master hängen. Es ist nicht zielführend, mit 25 einen Masterabschluss mit dem notwendigen Rüstzeug im Rucksack zu besitzen, aber dieses noch nie angewendet zu haben. Ich begrüsse es deshalb auch, wenn Leute während ihres Studiums bereits Erfahrungen in einem Start-up, einem befreundeten Unternehmen, einem Volontariat oder einer Freiwilligenorganisation sammeln. Solche Erfahrungen sind wertvoll und hilfreich.


Zur Person
* Sonia Soutter-Savorani ist Gründerin und Inhaberin der Werbekraft Nordost GmbH in Winterthur. Die Personalagentur ist auf Kommunikation, Marketing und Werbung spezialisiert und verfügt über ein weiteres Büro in Basel.

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