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«Aussagekräftige Kampagnen bewegen sich zwischen 25 000 und 30 000 Franken.»

09.09.19

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Was hat Influencer Marketing mit Kontrolle abgeben zu tun? Wie finden Unternehmen und Influencer zusammen? Und ist der Markt nicht langsam übersättigt? Melissa Gianni*, Campaign Manager bei der Zürcher Agentur Kingfluencers, klärt über das Marketinginstrument auf.


Redaktion/Interview: Textagentur etextera

Frau Gianni, wie erklären Sie Influencer Marketing in einem Satz?
Influencer Marketing ist ein junges Marketinginstrument, das mit Menschen zusammenarbeitet, die eine gewisse virtuelle Reichweite haben. So bringen sie Produkte oder Brands auf vertrauenswürdige Weise in ihrer eigenen Sprache und auf eigenen Kanälen ihrem Umfeld näher.

Für welche Firmen lohnt sich dies?
Grundsätzlich lohnt sich Influencer Marketing für jeden Brand, hauptsächlich im B2C-Bereich. Im Gegensatz zu klassischer Werbung auf Plakaten oder im TV lässt sich hier eine Zielgruppe besser erreichen – und zwar sehr authentisch. Ob Produkt, Dienstleistung oder Event: Die Zielgruppe erhält durch den Influencer eine qualifizierte, echte Referenz. Da dieser sich bereits mit dem Brand auseinandergesetzt und sich entschieden hat, dafür zu werben, identifiziert sich die Community noch mehr damit. Auch für Businesskunden kann sich Influencer Marketing lohnen. Allerdings spielt hier die Auswahl der Plattform eine zentrale Rolle, da sie sich womöglich eher auf LinkedIn oder Xing erreichen lassen als auf Facebook oder Instagram.

Aber es sind vorwiegend Unternehmen aus dem Bereich Konsumgüter und Dienstleistungen, die sich des Influencer Marketing bedienen, oder?
Nicht nur. Immer häufiger entscheiden sich auch Kunden aus höher regulierten Industrien dafür, wie z.B. die Finanz- oder Pharmaindustrie. Dazu kommen auch Bildungsinstitute, Verbände und Unternehmen aus der Automobilbranche, Telekommunikation sowie Home Appliances. Influencer Marketing ist inzwischen in den meisten Industrien fixer Bestandteil des Kommunikationsplans.

Influencer müssen nicht nur schönen Content erstellen, sondern auch Zielmärkte bedienen

Wie finden Sie für ein Unternehmen den passenden Influencer?
Influencer Sourcing und Matching basiert auf aufwendiger, spezifischer Recherche. Schliesslich müssen Influencer nicht nur schönen Content erstellen, sondern auch Zielmärkte bedienen, mit dem Brand und seiner Philosophie identifizierbar sein und Kampagnenziele erreichen. Anhand demografischer Angaben, sogenannter Influencer-Statistiken, suchen wir Influencer sorgfältig aus und schlagen sie den Brands vor. Auch das Netzwerk spielt eine grosse Rolle. Am wichtigsten ist jedoch moderne Technologie. Ohne diese wäre Influencer Sourcing und Matching kaum möglich bzw. rentabel. Netzwerk und manuelle Recherche unterstützen dabei die automatisierten Vorgänge und dienen der Qualitätskontrolle.

Wie muss man sich das konkret vorstellen?
Im Prinzip kann sich jeder bei uns bewerben, der ein paar Tausend Follower hat, sich über unser digitales Tool registrieren und sämtliche Infos hochladen. Unser Community Management überprüft die Kandidaten anschliessend auf eine Vielzahl von Kriterien – dazu gehören etwa demografische Kriterien, Feed-Qualität und Bildsprache, Medienrelevanz oder Authentizität. Dank unserem digitalen Tool haben wir, insbesondere was den Schweizer Markt angeht, einen sehr guten Überblick.

Welche Rolle spielt bei der Auswahl des Influencers dessen persönliche Interessen?
Eine sehr grosse, schliesslich sind Influencer Menschen und keine Maschinen. Je mehr Interessen, Wünsche und Bedingungen bekannt sind, desto gezielter finden wir passende Influencer. Trotz modernen Technologien und automatisierten Vorgängen müssen wir auch die zwischenmenschliche Beziehung zu Influencern pflegen.

Manchmal braucht es mehrere Postings, um einen Follower zum Kauf zu animieren

Wie bemisst sich der Wert eines Influencers?
In der Anfangszeit des Influencer Marketing ging es hauptsächlich um Follower-Zahlen, heute sind andere Kriterien jedoch genauso wichtig. So wie etwa die Frage: Welche Zielgruppe will ich erreichen? Auf dem Schweizer Markt ist es beispielsweise zentral, dass ein Influencer viele Schweizer Follower hat. Auch weitere demografische Daten sind ausschlaggebend: Soll ein Schwangerschaftstest beworben werden, hat der Influencer am besten viele weibliche Follower, bestenfalls sogar in einer bestimmten Altersgruppe. Ebenfalls wichtig ist die Qualität des Influencer-Contents, zudem soll die Bildsprache möglichst authentisch und idealerweise auch harmonisch sein. Gut umgesetzt ist dies zum Beispiel hier oder auf diesem Instagram-Account.

Wie lässt sich der Erfolg einer Kampagne messen?
Das hängt grundsätzlich immer vom Kampagnenziel ab. Geht es darum, möglichst viel ansprechenden Social Media Content zu produzieren, ist die Qualität des Influencer-Contents bereits ein Erfolgsfaktor. Steht hingegen die Steigerung des Absatzes oder ein möglichst hohes Engagement der Follower an erster Stelle, reicht die Qualität des Contents nicht. Dasselbe gilt auch bei so genannten Awareness-Kampagnen, die vor allem Aufmerksamkeit generieren sollen. Deshalb holen wir möglichst viele KPI zu den Influencer-Beiträgen ein – dabei geht es um Dinge wie Impressions, Reach, Engagement Rate und Link Clicks. Immer öfter setzen wir auch Tracking Links ein, um mögliche Leads noch genauer zu verfolgen.

Der Erfolg einer Kampagne wird also vor allem anhand von Verkaufszahlen gemessen?
Nein, nicht immer. Generiert ein Post viele Leads, steigert sich damit nicht automatisch der Absatz. Ob ein Follower ein Produkt kauft, entscheidet dieser in der Regel nicht direkt nach Wahrnehmung eines Influencer-Beitrags. Manchmal braucht es mehrere Postings, um einen Follower zum Kauf zu animieren. Generell raten wir Kunden, zunächst auf Awareness zu setzen, also Aufmerksamkeit zu generieren, und erst als zweites Ziel eine Absatzsteigerung im Blick zu haben.

Influencer gab es schon immer – und wird es auch immer geben

Wo steht das Influencer Marketing heute? Ist der Markt langsam übersättigt?
Nein, aber wir sind auf dem Weg, den Höhepunkt zu erreichen – zumindest in der Form, wie wir Influencer Marketing heute kennen. Es ist ein extrem dynamischer Markt, dabei gilt es ständig Konzepte anzupassen. Doch so lange wir da mitgehen, wird der Markt nicht übersättigt sein. Influencer hat es schon immer gegeben und wird es auch immer geben. Influencer sind also eigentlich nichts anderes als Meinungsführer und Vertrauenspersonen, einzig die Plattform ihrer Aktivität und ihre Bezeichnung ändern sich im Laufe der Zeit immer wieder.

Was raten Sie Unternehmen, die mit Influencern zusammenarbeiten wollen?
Influencer Marketing ist eine sehr effektive Disziplin – aber man muss auch investieren, um seine Ziele zu erreichen. Deshalb sollten sich Firmen zunächst überlegen, wie viel sie auszugeben bereit sind. Grundsätzlich können sich Unternehmen natürlich auch mit einem tieferen Budget ans Influencer Marketing herantasten und zunächst eine Art Testkampagne starten. Aussagekräftige Kampagnen hingegen bewegen sich unserer Erfahrung nach durchschnittlich zwischen 25 000 und 30 000 Franken.

Was muss ein Unternehmen, das auf Influencer Marketing setzen will, ausserdem mitbringen?
Ganz viel Vertrauen in den Influencer – schliesslich hat dieser eigene Ideen und Ansichten. Unternehmen geben also ein wenig Kontrolle ab und ihre Corporate Identity dem Influencer ein Stück weit in die Hand. Wir briefen Influencer zwar sehr genau, stehen auch in engem Kontakt zu ihnen. Gleichzeitig jedoch macht gerade diese gewisse Unabhängigkeit ihre Authentizität aus – also das, was Influencer Marketing so erfolgreich und wirkungsvoll macht.


Zur Person
*Melissa Gianni ist Campaign Manager bei Kingfluencers, einer der führenden Schweizer Influencer-Marketing-Agenturen, die Influencer und Unternehmen zusammenbringt.

 

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