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«Die Schweizer sind Stileuropameister»

18.12.14

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Erst probieren, dann kaufen: Nach diesem Modell verschickt der Online-Versand Outfittery individuell zusammengestellte Outfits – ausschliesslich an Männer. Weshalb die Geschäftsidee des Berliner Startups auch bei Schweizer Kunden auf Interesse stösst, erzählt Alexander Keil*, Country Manager Schweiz.
Redaktion/Interview: Text- und Übersetzungsagentur etextera

Herr Keil, das Curated-Shopping-Portal Outfittery ist seit gut einem Jahr in der Schweiz aktiv; rund 10'000 Männer lassen sich hierzulande bereits von den Berliner Style-Experten einkleiden. Was machen Sie anders als Zalando und Co.?

Beim Offline-Shopping war es bisher so: Man kaufte in der Stadt – dafür brauchte man jedoch Zeit und musste vor allem wissen, was man überhaupt kaufen wollte. Eine nicht optimale Situation für den Kunden. Der Online-Handel hat zwar mittlerweile das «Wo?» bequemer gemacht. Die Frage nach dem «Was?» ist aber geblieben. Bisher gab es einfach nie jemanden, der einem sagte, was man kaufen könnte.

Und das übernehmen nun die Profis von Outfittery?

Ja, unsere professionellen Stylisten helfen einem zum Beispiel, nicht immer die gleichen blauen Pullis zu kaufen, von denen man eh schon fünf im Schrank hat. Stattdessen stellen sie komplette Outfits zusammen – mit dem Ergebnis, dass der Kunde letztendlich zwei bis drei modische Outfits erhält ohne Fachmagazine oder Mode-Boutiquen durchstöbern zu müssen. Das Budget für die Outfits wird dabei vom Kunden im Anmeldeprozess vorgegeben.

Wer sich für Ihren Service interessiert, muss auf der Website zunächst einen Fragebogen ausfüllen: Fotos anklicken mit verschiedenen Stilen und Marken, die einem gefallen. Und zusätzlich noch mit einer Stylistin telefonieren. Ziemlich aufwendig das Ganze.

Nur beim ersten Mal, um die Präferenzen richtig zu erfassen. Kunden, die schon öfters unseren Service in Anspruch genommen haben, rufen oft nur noch ihre Stylistin an und sagen: «Am Wochenende habe ich einen wichtigen Anlass. Schick mir mal drei Anzüge – einen behalte ich dann.» Oder: «Ich brauche eine Winterjacke. Schick mir mal welche zu.» Es ist faszinierend schön, wie sich eine Kundenbeziehung über die Zeit entwickeln kann.

Im Schnitt behalten Kunden Outfits im Wert von 300 Franken

Die Beratung und das Zurückschicken von Waren sind dabei kostenlos. Wie rechnet sich das?

Wir wissen exakt, was unsere Kunden latent wollen, besitzen zudem modische Kompetenz, von daher ist es rational, dass unsere Kunden mehr kaufen als vielleicht bei anderen Händlern. Im Schnitt behält jeder Kunde Waren im Wert von 300 Franken. Das ist sehr viel für den Onlinehandel, und darauf sind wir stolz. Um es betriebswirtschaftlich auszudrücken: Wenn auf der Einnahmenseite mehr herein kommt, kann man auf der Ausgabenseite natürlich auch mehr ausgeben.

Und Männer sind eine dankbare Zielgruppe?

Absolut. Unabhängig davon, wie viel Kenntnisse und Spass der einzelne Kunde bezüglich modischen Themen hat, ist jeder Mann froh, mehr Zeit für Freizeitaktivitäten zu haben und ohne Stress und mit tollen Ergebnis einkaufen gehen zu können. Im Übrigen schliessen wir es nicht aus, unser Angebot irgendwann auf Frauen auszudehnen.

Körperscanner sollen Männer Aufschluss über ihre Konfektionsgrösse geben

Mittlerweile ist Outfittery in acht Ländern präsent. Die Schweiz war dabei der erste Auslandsstandort. Worin unterscheiden sich Schweizer Kunden von deutschen?

Die Schweizer sind nach unserem Empfinden Stileuropameister. Business Casual mit einem italienisch ausgerichteten Stil ist oft gefragt; und deutlich mehr Kunden als im unternehmensweiten Durchschnitt bewegen sich aus ihrer Comfort Zone heraus und probieren ein neues, gewagtes Outfit. Vor allem aber schätzen Schweizer den Service mehr als deutsche Kunden. Im Telefonat lassen sie sich beispielsweise deutlich mehr Zeit und arbeiten konstruktiv mit den Stylisten.

Am Hamburger Flughafen hat Outfittery nun den ersten stationären Concept Store eröffnet. Ausserdem entwickelte das Unternehmen kürzlich einen Körperscanner für Männer. Inwiefern haben diese Projekte mit der zukünftigen Ausrichtung von Outfittery zu tun?

Der Körperscanner ist ein zusätzlicher Service von uns. Denn nach bisherigen Erfahrungen kennen erstaunlich viele Männer ihre Grösse nicht – und ordern nicht im Internet, weil sie befürchten, das Bestellte könnte ihnen nicht passen. Was den Concept Store angeht: Gekauft werden kann dort nichts. Vielmehr geht es darum, reisenden Männern, die noch einige Minuten Zeit bis zum Abflug haben, die Möglichkeit zu geben, sich in lockerer Atmosphäre Outfits von professionellen Styling-Experten kostenlos zusammenstellen zu lassen. Die Outfits werden dann an die gewünschte Adresse geschickt, wo sie in Ruhe probiert werden können. Wir glauben, dass mit Curated Shopping die Evolution im Online-Shopping möglich ist: Persönlicher Service verbunden mit der neuesten Technologie.


Zur Person:

*Alexander Keil ist Country Manager Schweiz von Outfittery. Auf dem Shopping-Portal können sich Männer nach einem kurzen Style-Check persönlich zusammengestellte Kleiderpakete nach Hause schicken lassen. Ein Experten-Team von Outfittery wählt aus diversen Herrenmode-Marken die Stücke aus, die nach den Präferenzen der Kunden am besten zu ihnen passen. Beratung und Versand sind kostenlos; man bezahlt nur, was man behält. Das Jungunternehmen, das 2012 gegründet wurde, beschäftigt nach eigenen Angaben mittlerweile 200 Mitarbeiter und beliefert mehr als 100‘000 Kunden in acht Ländern. Die meisten Kunden sind zwischen 30 und 50 Jahre alt.

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