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«Einmal-im-Jahr-sind-wir-alle-lustig-Aktionen gehen gar nicht.»

03.03.19

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Lässt sich Humor professionell ins Berufsleben integrieren? Weshalb gemeinsames Lachen im Job eine grossartige kommunikative Strategie ist, und was es dabei mit Perücke, Witzen und Lachglocke auf sich hat, erzählt Humorcoach Cornelia Schinzilarz.*


Redaktion/Interview: Textagentur etextera

Frau Schinzilarz, braucht es mehr Humor im Berufsleben?
Ja, auf jeden Fall! Schon allein wegen der ganzen Berufskrankheiten, die es heute gibt. Burn-out, Herzgeschichten – sie alle haben mit zu viel Belastung zu tun. Mit Humor hingegen nehmen wir die Dinge leichter, gelassener und betrachten alles aus einer anderen Perspektive. Von Karl Valentin gibt es den schönen Spruch: «Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es trotzdem.»

Was erreiche ich, wenn ich Humor in den Berufsalltag einfliessen lasse?
Habe ich eine humorvolle Grundhaltung, nehme ich das Leben leichter. Menschen mit hoher Humor- und Lachkompetenz treten einfacher in Kontakt mit anderen. Sie sind beliebter, sozialer, besser eingebunden und beruflich erfolgreicher. Lachen und Lächeln vereinfachen zwischenmenschliche Verständigungen. Hinzu kommt: Strahle ich als Führungskraft Humor, Sympathie und Freundlichkeit aus, färbt dies auf meine Mitarbeitenden ab. Lächeln ist tatsächlich ansteckend.

Lustigsein wird im beruflichen Umfeld oft aber auch gleichgesetzt mit Den-Job-nicht-ernst-Nehmen und Seine-Pflichten-Vernachlässigen.
Humorvoll zu sein, ist doch nicht gleichbedeutend mit Pflichten vernachlässigen! Im Gegenteil: Eine humorvolle Haltung bedeutet, dass ich eben keinen Tunnelblick habe, nicht nur mich selbst in den Fokus stelle, sondern auch auf andere achte. Kurz: Mein Blickwinkel ist mit Humor grösser.

Die Aufmerksamkeit auf das Gelungene legen

Wie integriere ich Humor als kommunikative Strategie in den Beruf?
Indem ich etwa als Führungskraft Erfolge explizit feiere, diese lustig würdige. Oder wenn etwas schlecht lief, zunächst strahlend sage, was alles richtig gemacht wurde. Die Aufmerksamkeit also auf das Gelungene richten, Kompetenzen herausstreichen, Ressourcen ins Zentrum rücken. Überhaupt geht es darum, erfolgreiche Arbeit wertzuschätzen und all die vielen Dinge, die gut laufen, zu erwähnen, anstatt nur das kleine Stück zu betrachten, das schwierig war. Darüber hinaus fungiert Humor auch als Gesundheitsprophylaxe.

Wie meinen Sie das?
Hochgerechnet entspricht eine Minute Lachen etwa zehn Minuten Joggen oder Rudern – denn bei ausgiebigem Lachen werden bis zu 300 verschiedene Muskeln aktiviert. Ausserdem wird die Verdauung angeregt, der Stress reduziert. Humor stärkt also Körper und Geist.

Eine Runde gemeinsames Lachen im Büro – wie schaffe ich das konkret, ohne mich lächerlich zu machen?
(Lacht) Lachen ist Sport. Manche spielen Tennis, manche Joggen. Nur wenn es ums Lachen geht, glauben wir, einen lustigen Anlass zu brauchen. Dem ist aber nicht so, denn Lachen ist lediglich körperliches Handeln: Der Mund wird aufgerissen, die Nase in Falten gelegt, die Nasenlöcher weiten sich, das Zwerchfell hüpft. Dies alles lässt sich üben.

Feierkultur gehört ins Privatleben, nicht in den Job

Spassaktionen für Mitarbeitende sind allerdings nicht immer beliebt – wie etwa Karaokeveranstaltungen auf Weihnachtsfeiern oder Kennenlernspiele mit neuen Kollegen.
Ja, diese Einmal-im-Jahr-sind-wir-alle-lustig-Aktionen gehen gar nicht. Solch eine Feierkultur gehört ins Privatleben und nicht in den Job. Aber wir sollten versuchen, Humor in die Betriebskultur zu integrieren.

Wie lässt sich das erreichen?
Indem man etwa lustige Bilder aufhängt oder die Einrichtung farbiger gestaltet. Sie können auch eine Lachglocke einführen als akustische Erinnerung an mehr Heiterkeit: Jedes Mal, wenn jemand läutet, wird gemeinsam gelacht. Dies alles führt zu einer humorvollen Grundstimmung. In einem Unternehmen, das wir beraten haben, war zum Beispiel ein Jahr lang jede Woche ein anderer Mitarbeiter für gemeinsames Lachen zuständig – mittels Dingen wie eine Perücke aufsetzen, einen guten Witz erzählen, die Lachglocke bedienen oder Ähnlichem. Dies kam unheimlich gut an und führte zu einer ganz anderen – humorvollen! – Grundhaltung.

Kann schwarzer Humor in Krisenzeiten ein Team zusammenschweissen?
Nein, Sarkasmus und Zynismus vergiften grundsätzlich die Atmosphäre, denn dabei geht es immer auf Kosten anderer. Aber positiver Humor schweisst zusammen. Der Vorteil: Mit einer Humorhaltung nehmen Sie sich selbst, aber auch andere ernst. Und Ernstnehmen ist im Berufsleben sehr wichtig. Dabei verhält es sich mit Humor wie mit Eiskunstlauf: Es sieht leicht aus, es steckt aber schwere Arbeit dahinter.


Zur Person
*Cornelia Schinzilarz ist Supervisorin, Humorexpertin, Theologin und in der Schweiz und in Deutschland tätig. Sie ist Inhaberin von KICK Institut für Coaching und Kommunikation in Zürich, doziert an Fachhochschulen, berät Wirtschaftsunternehmen und ist Autorin des Buches «Humor in Coaching und Beratung».

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